Die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppen 1 bis 4 „Einfachste“ bis „schwierige“ Tätigkeiten

Entgeltgruppe 1 - Einfachste Tätigkeiten

Die Tarifvertragsparteien nennen als Beispiel für Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten:

  • Essens- und Getränkeausgeber/innen

  • Garderobenpersonal

  • Spülen und Gemüseputzen und sonstige Tätigkeiten im Haus- und Küchenbereich

  • Reiniger/innen in Außenbereichen wie Höfe, Wege, Grünanlagen, Parks

  • Wärter/innen von Bedürfnisanstalten

  • Servierer/innen

  • Hausarbeiter/innen

  • Hausgehilfe/Hausgehilfin

  • Bote/Botin (ohne Aufsichtsfunktion) – nur TVöD VKA 

 

Hinweis: Das Beispiel „Bote/Botin (ohne Aufsichtsfunktion)“ ist im TV-L und TVöD Bund nicht mehr enthalten. In der Entgeltordnung Bund es im Spezialteil III tarifiert. Botinnen und Boten sind in Entgeltgruppe 3 eingruppiert (Teil III Abschnitt 9 der Entgeltordnung).

 

Bei dem Begriff der „einfachsten Tätigkeiten” handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Seine Auslegung hat von den Maßstäben der Beispieltatbestände aus zu erfolgen. Die Tarifvertragsparteien geben mit Tätigkeitsbeispielen Maß und Richtung für die Auslegung des allgemeinen Begriffs vor. Die verschiedenen Beispiele zeigen auf, welchen Schwierigkeitsgrad die Tarifvertragsparteien der von ihnen geregelten „einfachsten Tätigkeit” i.S. der Entgeltgruppe 1 TVöD zuweisen.

 

Das Tätigkeitsmerkmal einer Entgeltgruppe ist grundsätzlich dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die als Regel-, Richt- oder Tätigkeitsbeispiel zu diesem genannt ist. Wird die ausgeübte Tätigkeit von einem Tätigkeitsbeispiel nicht oder nicht voll erfasst, muss grundsätzlich auf die allgemeinen Merkmale zurückgegriffen werden. Dieser Rückgriff ist auch dann geboten, wenn die Tätigkeitsbeispiele ihrerseits unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten. Die unbestimmten Rechtsbegriffe sind dann im Lichte der Oberbegriffe auszulegen (BAG, Beschluss vom 20. 5. 2009 - 4 ABR 99/08).

 

Kann die auszuübende Tätigkeit dagegen keinem der Tätigkeitsbeispiele zugeordnet werden, ist dennoch eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 1 TVöD möglich. Die Aufzählung der Beispielstätigkeiten ist nicht abschließend. Folglich kann die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 1 nicht nur für solche Tätigkeiten erfolgen, die in den Tätigkeitsbeispielen der Entgeltgruppe 1 ausdrücklich aufgeführt sind. Der Wortlaut gibt keinen Hinweis darauf, dass nur die nachfolgend genannten Tätigkeiten solche der Entgeltgruppe 1 TVöD sein können. Vielmehr verdeutlichen die Tarifvertragsparteien durch ihre Wortwahl „zum Beispiel”, dass hier nicht abschließend Tätigkeiten aufgeführt werden, die sie dieser bestimmten Entgeltgruppe zuordnen wollen (BAG 28.1.2009 - 4ABR 92/07; BAG 20. 5. 2009 - 4 AZR 315/08).

 

Das Adjektiv "einfach" bedeutet "ohne Schwierigkeiten, leicht verständlich, unkompliziert". Eine einfache Aufgabe ist eine ohne Mühe lösbare, unkomplizierte, leicht verständliche, nicht schwierige Aufgabe. Eine Steigerung von einfach gibt es begrifflich nicht. Dem Wortsinn nach kann eine einfachste Tätigkeit nur als besonders einfache Tätigkeit verstanden werden. Einfachste Tätigkeiten sollen noch einfacher sein als einfache Tätigkeiten. Zwischen den Entgeltgruppen 1 „einfachste Tätigkeiten“ und der Entgeltgruppe 2 „einfache Tätigkeiten“ handelt es sich um ein Stufenverhältnis. Es muss sich demnach um Tätigkeiten handeln, die an Einfachheit nicht zu überbieten sind (BAG 20. 5. 2009 - 4 AZR 315/08).

 

Da schon einfache Tätigkeiten regelmäßig keine Vor- oder Ausbildung erfordern, gilt dies umso mehr für einfachste Tätigkeiten i.S. der Entgeltgruppe 1 TVöD. Unter einfachsten Tätigkeiten sind daher insbesondere un- und angelernte Tätigkeiten zu verstehen. Dabei darf, in Abgrenzung zu den einfachen Tätigkeiten, keine eingehende fachliche Einarbeitung erforderlich sein. Es muss vielmehr eine sehr kurze Einweisung oder Anlernphase in die übernommenen Aufgaben für eine ordnungsgemäße Erfüllung der arbeitsvertraglich übertragenen Aufgabe ausreichend sein (BAG, Urteil vom 20. 5. 2009 - 4 AZR 315/08).

 

Eine Einarbeitungszeit von einem, in besonders gelagerten Einzelfällen auch bis zu maximal zwei Tagen, hat nicht zwingend zur Folge, dass nicht mehr von einer einfachsten Tätigkeit ausgegangen werden kann. Selbst eine einfachste Tätigkeit bedarf einer kurzen Anlernphase im Sinne einer Einweisung und einer ebensolchen Einarbeitungszeit. Bei der Einarbeitungszeit ist allerdings zu unterscheiden, ob diese erforderlich ist, um allein ein gewisses Maß an Arbeitsgeschwindigkeit zu erreichen (Erwerb von Routine bei feststehenden Tätigkeitsabläufen) oder um die Arbeitsabläufe als solche zu beherrschen (etwa wenn verschiedenartige Details der Tätigkeit zu erfassen sind). Im letzteren Fall spricht der Umstand einer mehrtägigen Einarbeitungszeit regelmäßig gegen eine Einordnung als einfachste Tätigkeit. Aus den vorgenannten Kriterien ergibt sich zugleich, dass es sich bei „einfachsten Tätigkeiten” im Wesentlichen um gleichförmige und gleichartige – gleichsam „mechanisch” durchzuführende – Tätigkeiten handeln muss, deren Verrichtung keine nennenswerten eigenen Überlegungen erfordert. Denn nur dann kann eine kurze Einweisung in die Tätigkeit in der Regel ausreichend sein. Deshalb handelt es sich zumeist auch um Tätigkeiten mit einer klaren Aufgabenzuweisung. Eine einfachste Tätigkeit kann aber auch dann vorliegen, wenn sie ohne Weiteres auf Grund von Einzelanweisungen durchgeführt werden kann. 

 

Einer Zuordnung einer (Teil-)Tätigkeit zur Entgeltgruppe 1 TVöD steht nicht entgegen, dass diese „ohne ständige Anweisung, Überwachung und Betreuung” erfolgt. Dass es sich bei einfachsten Tätigkeiten nicht um solche handeln muss, die „im Einzelnen jeweils angewiesen werden”, verdeutlichen bereits die Tätigkeitsbeispiele „Essens- und Getränkeausgeber/innen”, „Garderobenpersonal”, „Spülen und Gemüseputzen”, „Wärter/innen von Bedürfnisanstalten” und „Servierer/innen” zur Entgeltgruppe 1 TVöD. Bei diesen wird es regelmäßig sowohl an Einzelanweisungen zur Durchführung der Tätigkeit als auch an einer Überwachung oder einer Betreuung durch einen Vorgesetzten fehlen (BAG 1. 7. 2009 - 4 ABR 18/08).

 

Anders verhält es sich, wenn dem Beschäftigten im Rahmen der Aufgaben ein eigenständiger, nicht gänzlich unbedeutender Entscheidungs- oder Verantwortungsbereich übertragen wurde. Auch kann der Umstand von Bedeutung sein, dass es im Einzelfall zur Durchführung der übertragenen Tätigkeit regelmäßig einer Abstimmung mit anderen Personen wie Beschäftigten oder Kunden bedarf. Dies kann bei der Gesamtbewertung ein Aspekt sein, der gegen eine gleichförmige und gleichartige Tätigkeit spricht, weshalb im Ergebnis keine einfachste Tätigkeit mehr vorliegt (BAG 20. 5. 2009 - 4 ABR 99/08).

 

Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 1 TVöD ist nicht schon dann ausgeschlossen, wenn ein Beschäftigter eine Tätigkeit ausübt, die sich aus mehr als einer Teiltätigkeit zusammensetzt und nicht nur einer der in der Entgeltgruppe 1 TVöD beispielhaft genannten Einzeltätigkeiten zugeordnet werden kann (BAG 20. 5. 2009 - 4 ABR 99/08 ).

 

Bei der Prüfung, ob eine „einfachste Tätigkeit” im Sinne der Entgeltgruppe 1 TVöD vorliegt, ist auch in Anbetracht des Umstands, dass die Tarifvertragsparteien davon abgesehen haben, das Tätigkeitsmerkmal durch allgemeine Tatbestandsmerkmale näher zu bestimmen, eine Gesamtbetrachtung der auszuübenden Tätigkeit des Beschäftigten erforderlich. 

 

 

Entgeltgruppe 2 - Einfache Tätigkeiten

Einfache Tätigkeiten sind Tätigkeiten, die weder eine Vor- noch eine Ausbildung, aber eine Einarbeitung erfordern, die über eine sehr kurze Einweisung oder Anlernphase hinausgeht. Die Einarbeitung dient dem Erwerb derjenigen Kenntnisse und Fertigkeiten, die für die Beherrschung der Arbeitsabläufe als solche erforderlich sind. 

Maß bzw. Umfang der zur sachgerechten Tätigkeitsausübung erforderlichen Einarbeitung bzw. Einweisung oder Anlernphase konkretisiert die einfachen Tätigkeiten. 

 

Wie schon in Entgeltgruppe 1 setzen die einfachen Tätigkeiten keine Vorkenntnisse bzw. eine Ausbildung voraus. Die Tätigkeiten können nach einer Einarbeitung wahrgenommen werden. Diese Einarbeitung muss über eine sehr kurze Einarbeitung - wie in Entgeltgruppe 1 - hinausgehen. In Abgrenzung zur Entgeltgruppe 1 muss die Einarbeitung somit mindestens 3 Tage andauern. Ferner muss es unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts zu Entgeltgruppe 1 in der Einarbeitung nicht nur um den Erwerb von Routinen gehen, bzw. darum, die auszuübenden Tätigkeiten in einer gewissen Geschwindigkeit ausüben zu können. In diesem Fall liegen noch keine einfachen Tätigkeiten vor. 

Ist das Ziel der Einarbeitung dagegen das Kennenlernen und Beherrschen von Arbeitsabläufen spricht der Umstand einer mehrtägigen Einarbeitungszeit regelmäßig gegen eine Einordnung als einfachste Tätigkeit (BAG 28.1.2009 – 4 ABR 92/07). Ist z.B. die Bedienung einer Maschine nicht rein mechanisch, sondern verbunden mit der Programmauswahl, der Kontrolle der Maschinentätigkeit, einfachen Reparaturen und Reinigungstätigkeiten spricht dies für Entgeltgruppe 2. 

In Abgrenzung zur Entgeltgruppe 3 darf keine eingehende Einarbeitung oder fachliche Anlernung erforderlich sein.

Wesentlicher Maßstab für die Unterscheidung zwischen einfachsten und einfachen Tätigkeiten ist die Dauer der Anlernphase. Diesbezüglich muss z.B. ein Einarbeitungsplan die Wertung zwischen den beiden Entgeltgruppen ermöglichen. 

 

Entgeltgruppe 3 - Eingehende Einarbeitung

In Entgeltgruppe 2 sind Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst eingruppiert mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anlernung erforderlich ist, die über eine Einarbeitung im Sinne der Entgeltgruppe 2 hinausgeht.

 

Die Notwendigkeit einer „eingehenden fachlichen Einarbeitung” für eine Tätigkeit setzt voraus, dass diese Einarbeitung durch den Arbeitgeber selbst erfolgen kann bzw. könnte, auch wenn der Arbeiter bereits über entsprechende fachliche Kenntnisse verfügt. Eine von der Tätigkeit vorausgesetzte Qualifikation, die vom Arbeitgeber durch eine Einarbeitung nicht vermittelt werden kann (wie z.B. eine Fahrerlaubnis), erfüllt das Merkmal nicht (BAG 11.10.2006 - 4 AZR 534/05) 

 

Dabei bezieht sich das Merkmal „eingehend” auf die Intensität und Tiefe der erforderlichen Belehrungen, das Merkmal „fachlich” auf ihren sachlichen Gegenstand. Dementsprechend genügt z.B. die Notwendigkeit einer nur einfachen und schnellen Einweisung nicht. Die Einarbeitungszeit muss sich „in der Regel … auf etwa sechs Wochen erstrecken”(BAG 11.10. 2006 - 4 AZR 534/05)

 

 

Entgeltgruppe 4 - Schwierige Tätigkeiten

Schwierige Tätigkeiten sind solche, die mehr als eine eingehende Einarbeitung bzw. mehr als eine fachliche Anlernung i. S. der Entgeltgruppe 3 erfordern, z. B. durch einen höheren Aufwand an gedanklicher Arbeit.

 

Die Tarifvertragsparteien haben dazu in den Niederschriftserklärungen folgendes ausgeführt:

Die Tarifvertragsparteien haben sich in der Entgeltgruppe 4 Fallgruppe 1 auf das neue Heraushebungsmerkmal „schwierige“ Tätigkeiten verständigt. Im Hinblick auf die Neustrukturierung der Tätigkeitsmerkmale in den Entgeltgruppen 3 und 4 (Allgemeiner Teil) im Rahmen der neuen Entgeltordnung waren sie sich darüber einig, dass die bisher unter das Heraushebungsmerkmal „schwierigere“ Tätigkeiten (ehemals Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1a in Teil I der Anlage 1a zum BAT/BAT-O und Beispielkatalog hierzu) fallenden Tätigkeiten in Abhängigkeit ihrer jeweiligen konkreten Anforderungen der Entgeltgruppe 3 oder der Entgeltgruppe 4 zugeordnet werden sollen. 

Unter Bezugnahme auf den o.g. Beispielkatalog werden die Tätigkeiten 

  • „Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung“,

  • „Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben“, 

  • „Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge – auch ohne Anleitung –“

 der Entgeltgruppe 3 zugeordnet. 

Die Tätigkeiten 

  • „Führung von Karteien oder elektronischen Dateien, die nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordnet sind oder deren Führung die Kenntnis fremder Sprachen voraussetzt“, 

werden der Entgeltgruppe 4 zugeordnet.

 

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